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Category: Biblische Chronologie

Die biblische Chronologie

Die biblische Chronologie

Von der Schöpfung bis zur Zerstörung Jerusalems

Es war schon immer mein Wunsch, aus den biblischen Jahreszahlen einmal eine Chronologie aufzubauen. Eine Liste der Lebensjahre der ersten Patriarchen ist schnell erstellt, aber bereits bei Terach, dem Vater Abrahams, stößt man auf die erste Hürde. Eine besondere Herausforderung stellt die Zeit der Könige dar, wobei es – obwohl ich die Bibel für unfehlbar halte – sogar für mich erstaunlich war, wie gut diese Zahlen zusammen passten. Im Laufe der Zeit (Der Aufbau der Chronologie hat etwa 6 Monate gedauert) entstand eine recht umfangreiche Tabelle.

Eine kurze Einführung in die biblische Chronologie

Die Bibel ist Gottes Wort und als solches fehler- und widerspruchsfrei. Das ist die Grundaussage, auf der meine Arbeit beruht. Ich habe deshalb in meiner Chronologie ausschließlich Jahreszahlen genutzt, die von der Bibel genannt werden. Leider ist die Bibel nicht immer so einfach verständlich, wie wir das gerne hätten. Deshalb musste ich manche Jahreszahlen interpretieren, damit sie zueinander passten. Aus diesem Grund sind in der Zeit der Könige zum Teil Jahressprünge und sogar Zeiten ohne Herrscher enthalten. Weil anders die biblischen Zahlen nicht aufgegangen wären, gehe ich davon aus, dass diese Angaben richtig sind.

Die Bibel enthält keine Datumsangaben. Dadurch hängen die ermittelten Jahreszahlen zunächst einmal „in der Luft“, solange sie keinem historischen Bezugspunkt zugeordnet werden können. Um festzustellen, wann was passiert ist, brauchen wir also einen solchen Fixpunkt. Hier müssen uns historische Forschung und Archäologie helfen. Es gibt drei Jahreszahlen, die wissenschaftlich als recht gesichert gelten und deshalb unstrittig sind.

  • Das Jahr 586 v. Chr., in dem Jerusalem durch Nebukadnezar zerstört wurde,
  • Der Untergang des Nordreichs in der Zeit zwischen 720 bis 722 v. Chr. und
  • das Jahr 1550 v. Chr., das als Jahr der Zerstörung Jerichos gilt.

Ich habe in meiner Arbeit das Jahr 586 v. Chr. als „Anker“ benutzt und von diesem Jahr beginnend die Chronologie bis zur Erschaffung der Welt zurückgerechnet. Interessanterweise stimmen damit die biblischen Aussagen mit den historischen und archäologischen Befunden überein:

  • Die Wegführung der Nordstämme haben nach meiner Rechnung im Jahr 721 v. Chr. stattgefunden und
  • den Auszug aus Ägypten habe ich im Jahr 1602 v. Chr. errechnet. Damit wurde Jericho im Jahr 1562 v. Chr. zerstört. Eine relativ unbedeutende Abweichung von 12 Jahren kann man – meine ich – nach über 3.500 Jahren hinnehmen.

Schon Keppler und Newton wussten, dass sich Wissenschaft und Bibel nicht als Kontrahenten gegenüberstehen müssen. Sie wollten als gläubige Christen die Schöpfung Gottes erforschen und wussten, dass Wissenschaft und Bibel auch Partner sein können, die uns bei der Erforschung der Wahrheit helfen.

Ich bin in meiner Arbeit teilweise den Erkenntnissen von Roger Liebi gefolgt, der z. T. allerdings Jahressprünge in seiner Chronologie hat, die er nicht erklärt. Dafür habe ich mich zum Thema Richterzeit an seiner Lösung orientiert, weil sie nach meiner Meinung schlüssig und logisch ist, ohne irgendeine biblische Aussage zu ignorieren.
Leider finde ich auf der neuen Homepage von Roger Liebi seine Chronologie nicht mehr. Wer einen Link hat, stelle ihn mir bitte zur Verfügung. Ich binde ihn dann hier ein.

Die Tabelle

In der Tabelle habe ich alle Jahreszahlen vermerkt, auch Erklärungen bei erforderlichen Sprüngen sind enthalten.

Die Spalten haben folgende Bedeutung:

Spalten A und B (ausgeblendet)

sind Anfangs- und Endjahre eines Ereignisses. Die Spalten enthalten Hilfszahlen, mit deren Hilfe die Rückrechnung vom Jahr 586 v. Chr. durchgeführt werden kann. Weil sie keine weitere Bedeutung haben, sind die Spalten ausgeblendet.

Spalten C und D

sind Anfangs- und Endjahre eines Ereignisses gemäß unserer Zeitrechnung (Jahre vor Christus).

Spalten E und F

sind Anfangs- und Endjahre eines Ereignisses seit der Schöpfung.

Für Fehler- und Korrekturmeldungen bin ich immer dankbar.

Die Woche vor Passah

Die Woche vor Passah

Die Passahwoche

Wann fand die Kreuzigung statt?

Wir finden in den Evangelien verschiedene Hinweise:

Die Kreuzigung fand an einem normalen Arbeitstag (keinem Sabbat oder Feiertag) statt, weil Simon von Kyrene vom Feld kam

Und sie zwingen einen Vorübergehenden, einen gewissen Simon von Kyrene, der vom Feld kam, den Vater Alexanders und Rufus‘, sein (=Jesus‘) Kreuz zu tragen.

Markus 15, 21

Und als sie ihn (=Jesus) wegführten, ergriffen sie einen gewissen Simon von Kyrene, der vom Feld kam, und legten das Kreuz auf ihn, damit er es Jesus nachtrug.

Lukas 23, 26

Die Kreuzigung fand an einem „Rüsttag“ an einem Freitag statt:

(Am Tag nach der Kreuzigung): Am nächsten Tag, der auf den Rüsttag folgt, versammelten sich die Hohen Priester und die Pharisäer bei Pilatus…

Matthäus 27, 62

Und als es schon Abend geworden war – es war nämlich Rüsttag, das ist der Vorsabbat… „Vorsabbat“ ist der Tag vor dem Sabbat, also ein Freitag

Markus 15, 42

Und es war Rüsttag und der Sabbat brach an.

Lukas 23, 54

Als sie (=die Frauen) aber zurückgekehrt waren, bereiteten sie wohlrichende Öle und Salben; und den Sabbat über ruhten sie nach dem Gebot.

Lukas 23, 56

Dorthin (=in das Grab) nun legten sie (=Josef von Arimathäa und Nikodemus) Jesus, wegen des Rüsttags der Juden, weil die Gruft nahe war.

Johannes 19, 42

Jesus isst am Donnerstag Abend mit seinen Jüngern das Passahmahl. Dieser Tag ist zumindest ein erlaubter Tag für das Passah, sonst hätten die Jünger protestiert:

Es kam aber der Tag des Festes der ungesäuerten Brote, an dem das Passahlamm geschlachtet werden musste.

Lukas 22, 7

Mit Sehnsucht habe ich mich gesehnt, dieses Passahmahl mit euch zu essen, ehe ich leide.

Lukas 22, 15

Passah nicht oder an einem nicht erlaubten Tag zu feiern ist ein todeswürdliges Vergehen (4. Mose 9,13). Jesus hätte deshalb niemals das Passah gefeiert, wenn es nicht zugelassen wäre.

Die Knechte (und wahrscheinlich einige Mitglieder des Hohen Rates) feierten erst am Freitag Passah

Sie (=“die Juden“) führen nun Jesus von Kaiphas in das Prätorium; es war aber frühmorgens. Und sie gingen nicht hinein in das Prätoirium, damit sie sich nicht verunreinigten, sondern das Passahmahl essen konnten.

Johannes 18, 28

Weitere Informationen (insbesondere auch eine versuchte Erklärung über die unterschiedlichen Daten der Passahfeier) finden sich auch im Artikel “Jesu Geburtsjahr und Kreuzigungsdatum“. Aus den vier Evangelien ergibt sich folgender Ablauf für die Passahwoche:

MatthäusMarkusLukasJohannes
Sabbat vor PassahSabbat vor PassahSabbat vor PassahSabbat vor Passah



Johannes 12,1 „Jesus kam nun sechs Tage vor dem Passah nach Betanien…“
Salbung durch Maria, Lazarus’ Schwester
SonntagSonntagSonntagSonntag
Matthäus 21,1 – 17 Einzug in Jerusalem TempelreinigungMarkus 11,1 – 11
Einzug in Jerusalem
Lukas 19,28-48
Klage über Jerusalem Einzug in Jerusalem Tempelreinigung
Johannes 12,12-19
„Am folgenden Tag…“ Einzug in Jerusalem Gleichnisse
Jesus gibt sich als Messias zu erkennen
MontagMontagMontag bis DonnerstagMontag bis Donnerstag
Matthäus 21,18 – 22,22 „Des Morgens früh…“ Verfluchung des Feigenbaumes
Streit mit den Pharisäern
Gleichnisse
Markus 11,12 – 19 „Und als sie am folgenden Tag…“ Verfluchung des Feigenbaumes
Tempelreinigung
(Die folgenden Ereignisse sind keinem Tag zuzuordnen.) Lukas 20,1 – 21, 38 „An einem der Tage…“ Streit mit den Pharisäern, Gleichnis von den Weingärtnern, Frage nach der Steuer, Frage nach der Auferstehung, die arme Witwe, Endzeitrede
DienstagDienstag
Matthäus 22,23 – 26,16 „An jenem Tag…“
Streit mit den Sadduzäern
Weherufe gegen Schriftgelehrte
Klage über Jerusalem
Endzeitrede (24,1 – 25,46)
Hinweis auf Passah

Markus 11,20 – 13,37 „Und als sie frühmorgens…“ Frage nach der Legitimation Jesu Lehren und Gleichnisse, Frage nach der Auferstehung, Das erste Gebot, Warnung vor den Schriftgelehrten, die arme Witwe, Endzeitrede Markus
MittwochMittwoch
26,2 „ihr wisst, dass nach zwei Tagen das Passah ist”
Salbung Jesu
Verrat des Judas
14,1 „Es war aber nach zwei Tagen das Passah…“ (=zwei Tage vor dem Passah) Salbung Jesu durch Maria
Verrat des Judas
Donnerstag (Passah, Einsetzung des Abendmahls)Donnerstag (Passah, Einsetzung des Abendmahls)Donnerstag (Passah, Einsetzung des Abendmahls)Donnerstag (Passah, Einsetzung des Abendmahls)
Matthäus 26,17
„Am ersten Tag des Festes der ungesäuerten Brote…“
Vorbereitung zum
Passah
Matthäus 26,20 – 35
„Als es aber Abend geworden war…“
Markus 14,12
„Und am ersten Tag der ungesäuerten Bote…“ (= Passah)
Vorbereitung zum Passah
Markus 14,12 – 16
Donnerstag „Und am ersten Tag des Festes der ungesäuerten Brote…“
Vorbereitung zum Passah Markus 14,17 Passah
Lukas 22,7-13
„Es kam aber der Tag des Festes der ungesäuerten Brote, an dem das Passahlamm geschlachtet werden musste…“
Vorbereitung zum Passah
Lukas 22,14-20
Passah
(Wahrscheinlich fanden diese Ereignisse in der Nacht des Passahs kurz vor der Kreuzigung statt):
Johannes 13,1-17
„Vor dem Passahfest…“
„Und bei einem Abendessen…“
Fußwaschung Johannes 13,18-30
Bezeichnung von Judas als Verräter
Judas verlässt die Gemeinschaft
„..es war aber Nacht“
Johannes 13,31-16
Abschlussreden an die Jünger
zweimaliges Liebesgebot
Ankündigung des Heiligen Geistes
Gleichnisse,
Johannes 17
Hohepriesterliches Gebet
Nacht von Donnerstag auf FreitagNacht von Donnerstag auf FreitagNacht von Donnerstag auf FreitagNacht von Donnerstag auf Freitag
Matthäus 26,36 – 75 „Dann kommt Jesus mit ihnen an ein Gut, genannt Gethsemane…“
Festnahme
Jesus vor dem Hohen Rat
Verleugnung durch Petrus
Markus 14,32-42 Gethsemane
Markus 14,43 – 72
Festnahme Jesus vor dem Hohen Rat
Verleugnung durch Petrus
Lukas 22,39-46 Gethsemane
Lukas 22,47-53
Festname Lukas 22,54-71
Jesus vor dem Hohen Rat
Lukas 23,1-12
Jesus vor Pilatus und Herodes
Todesurteil
Lukas 23,33-43
Johannes 18
Festnahme
Jesus vor Hannas und dem Hohen Rat
Verleugnung durch Petrus
Johannes 18,28-40
Jesus vor Pilatus
Johannes 18,28
„Und sie gingen nicht hinein, damit sie …. das Passah essen konnten“
FreitagFreitagFreitagFreitag
Matthäus 27,1 – 44 „Als es aber Morgen geworden war…“
Jesus vor Pilatus
Judas‘ Selbstmord
Geißelung
Zwischen 6 und 9 Uhr:
Markus 15, 1-20 „Und am frühen Morgen…“ Jesus vor Pilatus, Geißelung
Dritte Stunde (9 Uhr)
KreuzigungMarkus 15,25 KreuzigungKreuzigung
Lukas 23,39-43
Der gerettete Schächer
Johannes 19,17-27
Kreuzigung
Sechste Stunde (12 Uhr)Sechste Stunde (12 Uhr)Sechste Stunde (12 Uhr)
Matthäus 27, 45 Finsternis bis zur neunten StundeMarkus 15, 33 Finsternis bis zur neunten StundeLukas 23,44 Finsternis bis zur neunten Stunde
Neunte Stunde (15 Uhr)Neunte Stunde (15 Uhr)Neunte Stunde (15 Uhr)
Matthäus 27,46 – 56 TodMarkus 15, 34 TodLukas 23,46 Tod
23,50-56 Grablegung
Johannes 28-37
Tod
Zwischen 15 und 18 UhrZwischen 15 und 18 Uhr
Matthäus 27,57 – 61 GrablegungMarkus 15, 42 – 47 „… es war nämlich Rüsttag, das ist der Vorsabbat…“ GrablegungJohannes 19,38-42 Grablegung Johannes 19,42 „… wegen des Rüsttages…“
Samstag / SabbatSamstag / SabbatSamstag / SabbatSamstag / Sabbat
Matthäus 27,62 „Am nächsten Tag aber, der auf den Rüsttag folgt…“ Bewachung des Grabes


SonntagSonntagSonntagSonntag
Matthäus 28,1-10
„Aber nach dem Sabbat…“ Auferstehung
Die Frauen am Grab Bestechung der Grabwächter
Markus 16,1 – 8
„Und als der Sabbat vergangen war…“ Auferstehung
Die Frauen am Grab
Lukas 24,1-12
„Am ersten Tag der Woche…“
Auferstehung
Die Frauen am Grab
Petrus und Johannes am Grab
Lukas 24,13-35 Emmaus-Jünger
Johannes 20,1-10
„An dem ersten Tag der Woche…“ Auferstehung
Die Frauen am Grab
Petrus und Johannes am Grab
Jesu Geburtsjahr und Kreuzigungsdatum

Jesu Geburtsjahr und Kreuzigungsdatum

Foto: privat

Wann wurde Jesus geboren? Wann wurde er gekreuzigt? Diese Fragen sind nicht glaubensrelevant und an das „richtige“ Datum zu glauben ist nicht heilsentscheidend. Aber trotzdem ist eine Antwort für manche Christen interessant. Immerhin ist Jesus eine reale Person, die als Mensch geboren und gestorben, als Sohn Gottes auferstanden ist und in den Himmel zurückging, aus dem er urspünglich kam. Ich gehe hier auf verschiedene Theorien ein.

Geburtsjahr: 2 v. Chr.

Tiberius wurde 14 n. Chr. Kaiser, Johannes begann seinen Dienst im Jahr 29 n. Chr.

Aber im fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus Stattalter von Judäa war … erging das Wort Gottes an Johannes, den Sohn des Zacharias, in der Wüste …

Lukas 3, 1-2

Jesus trat kurz nach Johannes auf. Er war fast 30 Jahre alt.

Und Jesus war ungefähr dreißig Jahre alt, als er begann …

Lukas 3, 23

Das griechische Wort „archomai“, das hier steht, bedeutet „begann“ (von „arche“= Anfang, Start), also eigentlich: „er begann, dreißig Jahre alt zu werden“. Das bedeutet, Jesus war Ende 29 Jahre / Anfang 30 Jahre alt, also im Jahr 29 oder 30 n. Chr. Damit ist recht deutlich gesagt, dass er nicht älter gewesen sein kann.

Johannes war 6 Monate älter als Jesus:

Im sechsten Monat aber wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt Galiläas namens Nazareth gesandt

Lukas 1, 26

Und siehe, Elisabeth, deine Verwandte, hat auch einen Sohn empfangen in ihrem Alter und ist jetzt im sechsten Monat, sie, die vorher unfruchtbar genannt wurde.

Lukas 1, 36

Johannes war also 30 Jahre alt, als er von Gott berufen wurde. Weil er als Wegbereiter des Messias logischerweise vor Jesus aktiv wurde, kann es nicht sein, dass Jesus – wie einige Historiker behaupten – im Jahr 4 oder sogar 7 v. Chr. geboren wurde. Denn dann hätte Jesus seinen Dienst vor Johannes begonnen. Die Kreuzigung wäre sogar schon Geschichte gewesen, als Johannes im Jahr 29 n. Chr. seine Verkündigung begann. Damit wäre sein Dienst überflüssig gewesen. Nein: Jesus wurde im Jahr 2 v. Chr. geboren und begann seine Verkündigung im Jahr 29 oder 30 n. Chr. Nur das macht Sinn. Damit stimmen – nebenbei bemerkt – auch die Behauptungen nicht, Herodes sei 4 v. Chr. gestorben. Dazu komme ich noch.

Jesus wurde also 1 v. Chr. (astronomisch), 2 v. Chr. (historisch) geboren. Die unterschiedlichen Jahreszahlen liegen daran, dass es astronomisch das Jahr 0 (Null) gibt, nicht jedoch historisch. Nach 1 vor Christus folgt 1 nach Christus.

„…dass eine Verordnung vom Kaiser Augustus ausging…”

Augustus erließ eine Verordnung, dass alle Bewohner seines Reiches sich in Listen einschreiben lassen mussten. Das war die erste Zählung dieser Art, die es je (zumindest in Israel) gegeben hat.

[1] Es begab sich aber in jenen Tagen, dass ein Befehl ausging von dem Kaiser Augustus, dass der ganze Erdkreis sich erfassen lassen sollte.
[2] Diese Erfassung war die erste und geschah, als Kyrenius Statthalter in Syrien war.

Lukas 2, 1-2

Der Begriff der Zählung macht etwas Schwierigkeiten. Eine Steuerschätzung und deshalb Eintrag in Steuerlisten kann es nicht gewesen sein, denn die gab es vorher schon. Außerdem benutzt Lukas das Wort „apographe“ – Eintragung, Aufzeichnung, Luther: Schätzung. Eine Steuerliste wäre lt. Roger Liebi „apotimesis“. Leider habe ich dieses Wort nicht gefunden. In meinem Wörterbuch steht es nicht und Google übersetzt kein Altgriechisch. Weil Liebi aber ein hervorragender Kenner der biblischen Sprachen ist, unterstelle ich, dass seine Bezeichnung richtig ist. Also: Die Liste, von der Lukas spricht, kann keine Steuerliste sein, sie muss eine andere Bedeutung gehabt haben.

Augustus wurde am 5. Februar 2 v. Chr. Zum „Pater Patriae“ (Vater des Vaterlandes) ausgerufen. Wenn wir annehmen, dass er von allen Bewohner des Römischen Reiches einen Treueeid forderte, könnte dieser in Listen erfasst worden sein. Also könnte es sich um diese Listen gehandelt haben, wenn vor ihm noch niemand diesen Treueeid forderte. Ob zu dem Anlass der Titelverleihung überhaupt jemals eine Volkszählung oder Eintragung in Listen veranlasst wurde, konnte ich nicht feststellen.

Der Titel „Pater Patriae“ wurden vor Augustus schon anderen Herrschern verliehen, der letzte vor ihm war Gaius Julius Cäsar im Jahr 45 v. Chr. Zu dieser Zeit war Israel bereits römisches Herrschaftsgebiet. Wenn man unterstellt, Lukas hat mit seiner Aussage „diese Schätzung war die allererste“ (Luther-Übersetzung) tatsächlich die Eintragung in Listen zum Treueeid gemeint, dürfte zu Cäsars Zeiten keine stattgefunden haben. Entweder, weil Cäsar ein Jahr später ermordet wurde und sich damit der Treueeid erledigt hatte, oder weil er einfach keine entsprechende Verordnung erließ. Auf jeden Fall wurde sie in Israel nicht durchgeführt. Bis zur Machtübernahme von Augustus (der damals noch Octavian hieß) war Israel in ständig wechselnden Kämpfen (u.a. dem ptolomäischen Krieg, der mit dem Tod Kleopatras endete, und dem 100-jährigen römischen Bürgerkrieg) auf unterschiedlichen Seiten eingebunden. In diesen unruhigen Zeiten wäre eine Volkszählung wahrscheinlich gar nicht möglich gewesen.

Das ist aber nur Spekulation. Gesichert wissen wir nicht, welche Zählung Lukas tatsächlich meinte. Die Erklärung wäre aber recht gut und würde vor allem zeitlich zum Geburtsjahr Jesu passen. Ich lasse sie deshalb als Erklärung gelten.

Geburtsmonat: August, September 2 v. Chr.

Die folgende Information stammt aus einem Vortrag von Roger Liebi

Die Priester sind in 24 Klassen unterteilt (1. Chronik 24), die Klasse Abija ist die 8. Klasse.

Für Hakkoz das siebte (Los), für Abija das achte (Los)

1. Chronik 24, 10

Das Jahr beginnt mit dem Monat Nisan (ca. Mitte März / April) mit dem Passahfest, hier hat die erste Priesterklasse Dienst. Abwechselnd versieht der Reihe nach jede Klasse für eine Woche ihren Dienst. An den Pilgerfesten Passah, Pfingsten und Sukkot (Laubhüttenfest) waren alle Priesterklassen anwesend.

Dieser Monat (= Nisan) soll für euch der Anfangsmonat sein, er sei euch der erste von den Monaten des Jahres!

2. Mose 12, 1

Berücksichtigt man Passah und Pfingsten (7 Wochen später), hatte die 8. Klasse Abija 10 Wochen nach Passah im Mai / Juni Dienst. Für diesen Dienst wurde Zacharias aus der Priesterklasse Abija ausgelost, Ende Mai / Ende Juni wurde Elisabeth schwanger.

Es war in den Tagen des Herodes, des Königs von Judäa, ein Priester mit Namen Zacharias, aus der Abteilung des Abija…

Lukas 1, 5

Maria wurde 6 Monate nach Elisabeth schwanger, also im November / Dezember 3 v. Chr.

Und siehe, Elisabeth, deine Verwandte, auch sie erwartet einen Sohn in ihrem Alter, und dies ist der sechste Monat bei ihr, die unfruchtbar genannt war.

Lukas 1, 36

Neun Monate danach im August / September des nächsten Jahres (2 v. Chr.) wurde Jesus geboren. Nirgendwo in der Bibel steht die Jahreszeit. Der 24. Dezember wurde gewählt, weil er acht Tage vor Neujahr liegt. Am achten Tag findet die Beschneidung statt. An diesem Tag beginnt mit der Beschneidung nach israelischem Verständnis offiziell das Leben eines Jungen. Man wollte mit der Festlegung auf den 24. Dezember feststellen, dass am achten Tag nach der Geburt das Leben des Messias und damit auch das neue Jahr begann. Das passt ja auch zu seinem Namen: Im Griechischen ist der Zahlwert des Namens Jesus 888. Die Zahl acht bedeutet „Neuanfang“. Nebenbei bemerkt war es deshalb auch kein Zufall, dass Noah der achte Patriarch war, acht Personen in der Arche überlebten und David der achte Sohn Isais war. Gott hat mit ihnen einen Neuanfang gemacht.

Das Todesjahr von Herodes dem Großen

Als Jesus geboren wurde, lebte Herodes der Große noch. Er war für den Kindermord in Bethlehem verantwortlich.

Da ergrimmte Herodes sehr, als er sah, dass er von den Weisen hintergangen worden war; und er sandte hin und ließ alle Jungen töten, die in Bethlehem und in seinem ganzen Gebiet waren, von zwei Jahren und darunter…

Matthäus 1, 16

Herodes muss also im Jahr 2 v. Chr. noch gelebt haben. Dem widerspricht jedoch das „offizielle“ Todesjahr Herodes, das lt. Wikipedia das Jahr 4 v. Chr. war. Auch verschiedene Historiker behaupten, „sicher zu wissen“, dass Herodes im Jahr 4 v. Chr. gestorben sei.

In seiner Ausarbeitung bringt Ruggero Sangalli (http://www.katholisches.info/2011/01/in-welchem-jahr-starb-herodes/) folgende Argumente vor:

  • Aus römischen Schriften geht hervor, dass Kaiser Augustus im Jahr 19 v. Chr. Syrien besucht hat. Dies war Herodes’ 15. Regierungsjahr. Da Herodes’ Regierungszeit gemäß der selben Quelle 34 Jahre betrug, muss er also nach dem Besuch noch 19 Jahre regiert haben, also bis zum Jahr 1 v. Chr. oder 1 n. Chr.
  • Lt. Josephus Flavius starb Herodes ca. zwei Wochen nach einer Mondfinsternis und wurde vor dem danach folgenden Passahfest beerdigt. Die im Jahr 4 v. Chr. stattgefundene Mondfinsternis (auf die sich Historiker berufen) fiel nach dem Julianischen Kalender auf den 13. März 4 v. Chr., Passah war am 12. April. Josephus Flavius erzählt, dass am Tag der Mondfinsternis zwei Rabbiner durch ein von Herodes einberufenes Gericht zum Tode verurteilt und durch Verbrennung hingerichtet wurden. Sie hätten einen römischen Adler zerstört, den Herodes an der Außenmauer des Tempels hat anbringen lassen.

    Der 13. März fiel im Jahr 4 v. Chr. auf den 14. Adar, also das Purimfest, ein hohes jüdisches Fest. An diesem Tag hätte Herodes niemals ein Gericht einberufen und zwei Menschen durch Verbrennung hinrichten können. Er hätte einen Volksaufstand provoziert, weil am Purimfest auch Bildnisse von Haman verbrannt wurden (s. die Geschichte von Esther). Anmerkung: Die Mondfinsternis am 13. März 4. V. Chr. war partiell, in der der Mond nur zu 32 % in den Kernschatten der Erde eintrat (Quelle: www.der-mond.de). Er war also noch recht hell. Die von Historikern favorisierte Mondfinsternis am 13. März 4 v. Chr. kann es nicht gewesen sein.
  • Die nächste Mondfinsternis war eine totale und fand am 10. Januar 1 v. Chr. statt, die darauf folgende war eine partielle (Anmerkung: 58 %) am 29. Dezember. Beide Todestage (24. Januar 1 v. Chr. oder 12. Januar 1 n. Chr.) sind möglich und passen zum Geburtsjahr Jesu.

Herodes hätte also im Jahr 2 v. Chr., dem Geburtsjahr Jesu, den Kindermord begehen können. Auch die Hinrichtung der Rabbiner wäre an beiden Mondfinsternissen möglich gewesen.

Wenn Herodes im Jahr 1 v. Chr. oder 1 n. Chr. starb, passen die biblischen Zahlen zusammen und widersprechen nicht den historischen Belegen.

Außerdem hätte sich der Mönch Dionysius Exiguus, der 525 das Geburtsjahr Jesu auf das 754. nach der Gründung Roms (1 v. Chr.) festlegte, nur um ein Jahr verrechnet.

Fazit zu Herodes’ Todesjahr

Wikipedia berücksichtigt die Bibel als historisches (und zeitgenössisches) Dokument aus der Zeit Jesu nicht und hält – offensichtlich aus ideologischen Gründen, um die Bibel ins Unrecht zu setzen – am Jahr 4 v. Chr. als Todesjahr Herodes’ fest (http://de.wikipedia.org/wiki/Herodes).

In diesem Punkt sind Bibel und Wissenschaft uneins. Weil das Geburtsjahr im Lukasevangelium so eindeutig genannt wurde, ist es keine Frage der Interpretation oder Bibelauslegung. Hier kann ich also nur zu dem Schluss kommen, dass die Wissenschaft noch ihre Hausaufgaben machen muss.

Kreuzigung

Über das Datum der Kreuzigung wird viel spekuliert. Ich untersuche zwei Theorien, die in meinen Augen die größten Chancen haben, das richtige Datum zu treffen.

Datum nach Sir Robert Anderson: 11. April 32 n. Chr.

So sollst du denn erkennen und verstehen: Von dem Zeitpunkt an, als das Wort erging, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen, bis zu einem Gesalbten, einem Fürsten, sind es sieben Wochen und 62 Wochen. Und Platz und Stadtgraben werden wiederhergestellt und gebaut sein und zwar in der Bedrängnis der Zeiten.

Daniel 9, 25 (Schlachter)

So sollst du denn erkennen und verstehen: Von dem ⟨Zeitpunkt an, als das⟩ Wort erging, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen, bis zu einem Gesalbten, einem Fürsten, sind es sieben Wochen. Und 62 Wochen ⟨lang⟩ werden Platz und Stadtgraben wiederhergestellt und gebaut sein, und zwar in der Bedrängnis der Zeiten.

Daniel 9, 25 (Elberfelder)

Eine Prophetie Daniels beschreibt, dass der Messias 7+62=69 Jahrwochen (= 483 Jahre) nach dem Erlass zum Wiederaufbau Jerusalems als König auftritt, bevor er ermordet wird. Je nach Übersetzung kann offensichtlich der Urtext unterschiedlich übersetzt werden. Nach Schlachter 2000 liegen 7+62 Jahrwochen zwischen dem Erlass zum Aufbau Jerusalems und dem Erscheinen Jesu als Messias.

Die Elberfelder nennt 7 Jahrwochen. Dann hätte Jesus bereits 49 Jahre nach dem Erlass erscheinen müssen. Weil der Befehl zum Wiederaufbau im Jahr 445 v. Chr. (bzw. 444 v. Chr., dazu später mehr) erlassen wurde, hätte Jesus im Jahr 396 bzw. 395 v. Chr. auftreten müssen. Weil das nicht der Fall war, müssen wir die Schlachter-Übersetzung als die richtige ansehen. Der Fehler ist offensichtlich den Übersetzern der Elberfelder Bibel bereits aufgefallen: In der Onlinebibel www.csv-bibel.de wurde der Text aus Daniel korrigiert. Er gibt nun den gleichen Zeitraum wie die Schlachterbibel an.

1: Und es geschah im Monat Nisan, im zwanzigsten Jahr des Königs Artahsasta [= Ataxerxes], (…)
5: … Wenn es dem König gefällt, und wenn dein Knecht wohlgefällig vor dir ist, so wollest du mich nach Juda senden zu der Stadt der Gräber meiner Väter, damit ich sie wieder aufbaue! (…)
7: Und ich sagte zum König: Wenn es dem König gefällt, dann gebe man mir Briefe an die Statthalter jenseits des Stromes mit, damit sie mich durchziehen lassen, bis ich nach Juda komme,
8: dazu einen Brief an Asaf, den Hüter über den Forst des Königs, damit er mir Holz gibt, dass ich die Tore der Burg, die zum Tempelhaus gehört, aus Balken bauen kann und für die Mauer der Stadt und für das Haus, in das ich einziehen will. Und der König gewährte es mir…

Aus Nehemia 2

Lt. Nehemia 2 wurde der Befehl zum Wiederaufbau durch König Ataxerxes (wird in der Bibel Artahsasta genannt) im Monat Nisan in dessen 20. Regierungsjahr gegeben. Dies war lt. Robert Anderson das Jahr 445 v. Chr.

Sir Robert Anderson errechnete das Datum der Kreuzigung wie folgt:

  • Der 1. Nisan im Jahr 445 v. Chr. war der 14. März.
  • In der Prophetie hat ein Monat 30 Tage, das Jahr 360 Tage, unabhängig von der tatsächlichen Länge des Jahres.
  • Anderson kam auf einen Zeitraum von 173.880 Tagen (69 x 7 Jahre x 12 Monate x 30 Tage).
  • Vom 14. März 445 v. Chr. an endet der Zeitraum von 173.880 Tagen am 6. April 32 n. Chr. Dies sei im jüdischen Kalender der 10. Nisan. Laut Anderson ist dies der Palmsonntag, an dem Jesus in Jerusalem als König einritt, fünf Tage bevor er gekreuzigt wurde.

Der 10. Nisan (=Palmsonntag) war der Tag, an dem das Passahlamm ausgesondert wurde:

Redet zur ganzen Gemeinde Israel und sagt: Am Zehnten dieses Monats [Nisan], da nehmt euch ein jeder ein Lamm für ein Vaterhaus, je ein Lamm für das Haus!

2. Mose 12, 3

Die Kreuzigung Jesu fand am 15. Nisan (= Passah / Karfreitag) statt.

Dieses Datum stimmt auch sehr gut mit den eingangs erwähnten Texten aus dem Lukasevangelium überein, nach dem Jesus seinen Dienst im Jahr 29 n. Chr. begann. Drei Jahre später, also im Jahr 32 n. Chr., wurde er gekreuzigt.

Ich errechne für den genannten Zeitraum zwei Tage mehr, also 173.882 Tage. Allerdings scheinen Sir Robert Anderson einige Fehler unterlaufen zu sein:

Das Datum des Passahfests

Der 1. Nisan 445 v. Chr. war am 13. März, also einen Tag früher als von Anderson angegeben. Der 15. Nisan 32 n. Chr. fiel auf den 14. April, der Palmsonntag damit auf den 9. April, also 3 Tage später als von Anderson angegeben.

Dadurch haben wir einen Zeitraum von 173.886 Tagen, sechs Tage mehr als von Robert Anderson errechnet. Das ist allerdings immer noch recht genau an dem von Daniel genannten Zeitraum und hat für die Beurteilung der Theorie keine Bedeutung.

Der Wochentag

Aus den Evangelien ist eindeutig zu entnehmen, dass der Kreuzigungstag – und damit das Passah – an einem Freitag stattfanden.

Und als es schon Abend geworden war (es war nämlich Rüsttag, das ist der Tag vor dem Sabbat …

Markus 15, 42

Und es war Rüsttag, und der Sabbat brach an.

Lukas 23, 54

Weil es Rüsttag war – jener Sabbat war nämlich ein hoher Festtag

Johannes 19, 31

Sir Robert Anderson scheint das zwar berücksichtigt zu haben, weil der von ihm errechnete 11. April 32 tatsächlich ein Freitag war, allerdings nicht der richtige Tag des Passahfestes: Im Jahr 32 fiel Passah auf den 14. April 32, das war ein Montag.

Die Regierungszeit Ataxerxes‘

In Babylon beginnt die Regierung eines Königs erst nach dem Akzessionsjahr. Ataxerxes‘ 20. Regierungsjahr war also nicht 445, sondern 444 v. Chr. Damit stimmt die Berechnung von Anderson um ein ganzes Jahr nicht.

Datum nach Sir Isaac Newton: 3. April 33 n. Chr.

Sir Isaak Newton hat berücksichtigt, dass der 15. Nisan auf einen Freitag fallen muss und deshalb verschiedene Jahre – auch das von Anderson favorisierte Jahr 32 – ausgeschlossen. Allerdings hat er die Tage nicht berechnet, die laut Daniel 9 zwischen Erlass zum Aufbau und Palmsonntag vergehen müssen. Also hole ich das nach:

Der 1. Nisan 444 v. Chr. war am 1. April. Palmsonntag war am 29. März 33 n. Chr. Die Zeit zwischen diesen beiden Tagen beträgt 173.855 Tage. Da haben wir zwar noch eine Differenz, die diese Theorie unwahrscheinlicher macht, aber dennoch ist das Datum von Newton genauer, weil der 3. April 33 n. Chr. auf einen Freitag fiel und der Beginn der Regierung Ataxerxes‘ stimmt.

Wann fand denn nun die Kreuzigung statt?

Ich gebe zu: Ich war bisher immer ein Verfechter der Theorie von Sir Robert Anderson. Wenn ich allerdings die angegebenen Unklarheiten berücksichtige, bin ich doch auf das Datum von Sir Isaac Newton „umgeschwenkt“. Der Zeitraum zwischen Erlass und Palmsonntag entspricht zwar bei Newton nicht so genau wie bei Anderson der Prophetie Daniels, dafür ist das Kreuzigungsdatum wahrscheinlicher.

Meine Berechnung der Tage habe ich am Ende des Textes aufgelistet.

Zeitpunkt des Passahmahls

Warum hat Jesus das Passahmal vorverlegt?

Zum Ablauf der Ereignisse in der Woche zwischen Palmsonntag und Karfreitag verweise ich auf die Seite „Die Woche vor Passah“.

Jesus feiert am Abend vor der Kreuzigung mit seinen Jüngern Passah.

Mit Sehnsucht habe ich mich gesehnt, dieses Passahmahl mit euch zu essen, ehe ich leide.

Lukas 22, 15

Sie (=“Juden“ gem. Verse 31 und 38) führen nun Jesus von Kaiphas in das Prätorium; es war aber frühmorgens. Und sie gingen nicht hinein in das Prätoirium, damit sie sich nicht verunreinigten, sondern das Passahmahl essen konnten.

Johannes 18, 28

Die Kreuzigung einen Tag später fand ebenfalls zu Passah statt. Während die Passahlämmer geschlachtet wurden, starb Jesus – das Lamm Gottes – am Kreuz. Wie passt das zusammen? Wie konnte Jesus einen Tag früher Passah feiern als die Pharisäer und Sadduzäer? Gab es denn zwei Tage?

Als Erklärung gibt es verschiedene Theorien:

Theorie 1: Unterschiedliche Kalender

(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Abendmahl_Jesu)

Historiker behaupten, in Israel gab es unterschiedliche Kalender, nach denen gefeiert wurde: den ägyptischen Mondkalender, der aus Ägypten mitgenommen wurde und den babylonischen aus der Babylonischen Gefangenschaft. Wegen unterschiedlicher Auslegung des Zeitpunkts des Neumonds differieren beide um ca. 30 Stunden.

Allerdings geht diese Theorie nicht darauf ein, dass dann ja auch die anderen Feste an zwei aufeinander folgenden Tagen hätten gefeiert werden müssen.

Diese Theorie habe ich unter der Überschrift “Kritik an der historischen Forschung” näher untersucht.

Theorie 2: Unterschiedliche Festzeiten

(Quelle: „Passahmahl und Abendmahl“ von Heike Schüller https://books.google.de/books?id=G1LTBgAAQBAJ&pg=PT20&lpg=PT20&ots=a0dCVsKZcc&focus=viewport&dq=passahmahl+pharis%C3%A4er+sadduz%C3%A4er&hl=de)

Pharisäer und Sadduzäer feierten zu unterschiedlichen Zeitpunkten Passah, weil sie die Bibel unterschiedlich auslegten.

Im jüdischen Kalender beginnt ein Tag bei Sonnenuntergang (ca. 18 Uhr). Der 15. Nisan beginnt also am Abend des 14. und endet am 15. bei Sonnenuntergang. Entweder findet das Schlachten der Lämmer oder der Verzehr nicht am 15. Nisan statt. Also sagt die genannte Theorie:

  • Die Pharisäer feierten das Passahmahl:
    Schlachten des Lammes am 14. Nisan und Essen nach Sonnenuntergang, also am 15. Nisan.
  • Die Sadduzäer feierten das Passahmal einen Tag später:
    Schlachten des Lammes am 15. Nisan und Essen nach Sonnenuntergang, also am 16. Nisan.

Weil Jesus in seinem Glauben den Pharisäern verwandt war, feierte er am 14. Nisam das Passah.

Denn die Sadduzäer sagen, es gebe keine Auferstehung noch Engel noch Geist; die Pharisäer aber bekennen beides.

Apostelgeschichte 23, 8

Theorie 3: Passah vom 15. bis 22. Nisan

(Quelle: http://www.zentralratderjuden.de/judentum/feiertage/)

Auf der Homepage des Zentralrats der Juden heißt es: „Pessach wird acht Tage lang, vom 15. bis zum 22. Nisan, begangen…“

Wenn wir Passah historisch-biblisch betrachten, haben die Israeliten am Vorabend vor dem Auszug (= 14. Nisan) Passah gefeiert: Ein Lamm wurde geschlachtet und am Abend gegessen.

… und ihr sollt es (=das Passahlamm) aufbewahren bis zum vierzehnten Tag dieses Monats (=Nisan). Und die ganze Versammlung der Gemeinde Israels soll es zur Abendzeit schächten …

2. Mose 12, 6

Der 15. Nisan war der Tag des Auszugs.

Das Fest der ungesäuerten Brote begann mit Passah, also am 14. Nisan:

[14] Und dieser Tag soll euch zum Gedenken sein, und ihr sollt ihn feiern als ein Fest des HERRN bei euren [künftigen] Geschlechtern; als ewige Ordnung sollt ihr ihn feiern.
[15] Sieben Tage lang sollt ihr ungesäuertes Brot essen; darum sollt ihr am ersten Tag den Sauerteig aus euren Häusern hinwegtun. Denn wer gesäuertes Brot isst vom ersten Tag an bis zum siebten Tag, dessen Seele soll ausgerottet werden aus Israel!
[16] Und ihr sollt am ersten Tag eine heilige Versammlung halten, ebenso am siebten Tag eine heilige Versammlung. Keine Arbeit sollt ihr an diesen [Tagen] tun; nur was jeder zur Speise nötig hat, das allein darf von euch zubereitet werden.
[17] Und haltet das Fest der ungesäuerten Brote! Denn eben an diesem Tag habe ich eure Heerscharen aus dem Land Ägypten herausgeführt; darum sollt ihr diesen Tag als ewige Ordnung einhalten bei euren [künftigen] Geschlechtern.
[18] Am vierzehnten Tag des ersten Monats, am Abend, sollt ihr ungesäuertes Brot essen bis zum einundzwanzigsten Tag des Monats, am Abend.
[19] Sieben Tage lang darf sich kein Sauerteig in euren Häusern finden. Denn wer gesäuertes Brot isst, dessen Seele soll ausgerottet werden aus der Gemeinde Israels, er sei ein Fremdling oder ein Einheimischer im Land. [20] So esst kein gesäuertes Brot; überall, wo ihr wohnt, sollt ihr ungesäuertes Brot essen!

2. Mose 12, 14-20

Passah wird nur an einem Abend gefeiert und ist gleichzeitig der Beginn des 8-tägigen Festes der ungesäuerten Brote (Mazzot). Heute – und warscheinlich auch zur Zeit Jesu – werden beide Feste als Passah gefeiert, allerdings vom 15. bis 22. Nisan, nicht – wie im 2. Mose beschrieben – vom 14. bis 21. Nisan.

Der Tag beginnt am Abend des Vortags und endet am Abend, deshalb beginnt der 15. Nisan am Abend des 14. Hier könnte der Unterschied begründet sein: Gott befiehlt, das Passah „am vierzehnten Tag zur Abendzeit“ (Elberfelder: „zwischen den Abenden“) zu schlachten. Das kann zu Beginn oder auch zum Ende des 14. Nisan gewesen sein. Vielleicht hat Jesus sogar – als Gottes Sohn wusste er es – den richtigen Tag als Passah gewählt, während das übrige Volk am 15. mit der Feier begann, also einen Tag später.

Unberücksichtigte Theorie: Passah am Mittwoch

Eine letzte Theorie, die ich bei den Recherchen gefunden habe, behauptet, Jesu habe mit seinen Jüngern bereits am Mittwoch das Passahmal gefeiert. Die Zeit von Donnerstag Abend bis Freitag Früh sei für die beschriebenen Ereignisse zu kurz (Verhör vor dem Sanhedrin, Verhör bei Pilatus, Verhör bei Herodes, Freigabe des Barnabas, Geißelung und Kreuzigung). Außerdem hätten in der Nacht keine Befragungen stattfinden dürfen. Diese Theorie beantwortet unsere Frage nicht, wird aber von einigen populären Zeitschriften veröffentlicht, weshalb ich auf sie eingehe.

Ja, die Zeit ist in der Tat knapp, aber wir wissen nicht, wie lange das einzelne Verhör gedauert hat. Herodes hat für Jesus nicht viel Zeit aufgewendet, weil er ihn lediglich als Zeitvertreib betrachtete. Außerdem hat Jesus mit ihm nicht geredet, weshalb er schnell sein Interesse an seinem “Spielzeug” verlor. Pilatus war wohl etwas gründlicher, aber als Römer hatte er für ein jüdisches Leben nicht viel gegeben. Außerdem war es ihm wichtiger, sich wegen der problematischen Vergangenheit mit den Hohepriestern keinen Fehler zu leisten. Immerhin hatte er von Augustus bereits einen Verweis erhalten und wäre beim nächsten jüdischen Aufstand von Leben und Posten abberufen worden. Ihm war beides sicher wichtiger, als dem Urteil eines jüdischen Wanderpredigers die notwendige Sorgfalt zukommen zu lassen. Allerdings hat ihm das nichts genützt: sechs Jahre später ist ihm genau das passiert. Pilatus beging Selbstmord, wahrscheinlich auf Drängen des Kaisers Tiberius hin.

Dass der Hohepriester sich nicht nach Recht und Gesetz gerichtet hat, ist schon an der gesamten Vorgehensweise der Verhaftung mitten in der Nacht und auch des Verhörs mit falschen Zeugen zu erkennen. Die Kreuzigung war kein ordentliches Gericht – sie war Mord an einem Unschuldigen. Wer, um Macht zu erhalten, bereit ist, einen Mord zu begehen – und nicht einmal vor einem Mord an dem offensichtlichen Messias zurückschreckt – der schert sich nicht um die „Kleinigkeit“ von rechtens zusammengerufenen Gerichten.

Diese Theorie verschweigt außerdem, dass dann ja zwischen Jesu Passah und dem des Volkes zwei Tage gelegen haben. Logischerweise werden die Gründe dafür auch gar nicht erklärt.

Welche Theorie ist richtig?

Wie bereits erwähnt, berücksichtige ich die vierte Theorie überhaupt nicht, weil sie mir zu unwahrscheinlich ist und auch der kirchlichen wie jüdischen Überlieferung widerspricht. Außerdem beantwortet sie nicht die eigentliche Frage.

Wegen der ständigen Angriffe der Historiker auf die israelische Geschichte und Kultur verwerfe ich die Theorie, in Israel habe man zur Zeit Jesu nach zwei Kalendern gelebt. Es erscheint mir auch unwahrscheinlich, weil ein Volk in der Regel eine Kultur und eine Sprache hat – und natürlich auch einen Kalender, um die Feste im gesamten Land am selben Tag zu feiern. Das gilt selbstverständlich auch für das Volk Israel, dem Historiker gern die eigene Kultur absprechen.

Bei der zweiten Theorien kann ich nicht beurteilen, ob sie richtig oder wahrscheinlich ist: Passah wurde von Pharisäern und Sadduzäern an zwei Tagen gefeiert. Das ist natürlich möglich. Ich unterstelle der Schriftstellerin auch eine sorgfältige Recherche.
Wie weit die Festlegung von verschiedenen Daten für das Passahfest durch Pharisäer und Sadduzäer belegt sind, kann ich nicht beurteilen. Nach Aussage der genannten Quelle scheinen Theologen dies zu bestätigen. Allerdings habe ich diese Aussage sonst nirgendwo gefunden.
Jesus starb am Freitag, also an dem Tag, an dem die Sadduzäer ihre Passahlämmer schlachteten. Das Schlachten von Passahlämmern an zwei Tagen ist nicht überliefert. Vielleicht hat sich das Volk nach dem Sanhedrin gerichtet, der zu dieser Zeit zum großen Teil aus Sadduzäern bestand:

Der Hohepriester aber trat auf und alle, die mit ihm waren, nämlich die Sekte der Sadduzäer, und wurden von Eifersucht erfüllt

Apostelgeschichte 5, 17

Ich vermute stark, dass die dritte Theorie (Juden feiern am 15. Nisan Passah) die richtige ist: Jesus hat das Passah gefeiert, wie es im Gesetz festgelegt wurde. Die Juden haben vielleicht aufgrund der langen Zeit, in der kein Passah gefeiert wurde, “vergessen”, wann das Fest stattfindet und es deshalb um einen Tag verschoben.

Auf jeden Fall steht fest, dass Jesus nie gegen Gottes Gebote zum Passahmahl verstoßen hätte. Auch die Jünger hätten als gläubige Juden gegen einen falschen Tag protestiert. Der von Jesus gewählte Tag muss also zumindest erlaubt gewesen sein. Ein Verstoß gegen das Passahgebot wäre für Jesus überhaupt nicht in Frage gekommen.

Mir persönlich erscheint die verbleibende Theorie recht logisch: Das Volk hat aus Tradition am 15. Nisan Passah gefeiert, Jesus aus biblischem Grund am 14. Vielleicht war dieser Tag auch den Jüngern vertraut – es war ja nicht das erste Passah, das sie mit ihm feierten – weshalb es keine Diskussion gab.

Exkurs: Kritik an der historischen Forschung

Wenn man versucht, Israel in der historischen Forschung zu finden, erfährt man, dass die israelische Kultur eigentlich erst während der babylonischen Gefangenschaft begonnen haben soll: Die Israeliten haben dort erst schreiben gelernt (z. B. sollen die Bücher Moses erst in dieser Zeit entstanden sein), die zehn Gebote seien von den Babylonischen Gebräuchen übernommen worden, selbst den Kalender mussten sie sich zuerst aus Ägypten, später aus Babylon mitbringen. Eigene Entdeckungen, Entwicklungen oder Kultur der Israeliten wird in der historischen Forschung noch nicht einmal vermutet. Solche Behauptungen hinterlassen bei mir immer einen schalen – weil antisemitischen – Nachgeschmack.

Was meines Wissens überhaupt nicht berücksichtigt wird:
Israel war ein hochentwickeltes und -zivilisiertes Volk!

Der jüdische Kalender

Der jüdische Kalender ist ein kompliziertes System, der die Monate nach den Mondphasen ausrichtet. Damit die Monate aber nicht durch das Sonnenjahr wandern wie beim islamischen Kalender, werden ganze Schaltmonate eingeführt. Das Ergebnis: nach einem Jahr haben der jüdische und der Sonnenkalender eine Abweichung von nur ein paar Minuten. Durch einen weiteren Schalttag nach 219 Jahren sind beide Kalender synchron. Einen solchen Kalender hat kein zweites Volk. Er beweist mathematische und astronomische Kenntnisse, die die Juden – glaubt man der historischen Forschung – angeblich nie hatten.

Die Person Mose

Mose wuchs in den ersten 40 Jahren seines Lebens (Apostelgeschichte 7, 23) am Hof des Pharaos als sein Enkel auf und hat sämtliche Bildungsmöglichkeiten genossen, die im kulturellen Zentrum der damaligen Welt möglich waren. Selbstverständlich beherrschte er mehrere Sprachen in Wort und Schrift (Apostelgeschichte 7, 22).
Während der nächsten 40 Jahren in Midian (Apostelgeschichte 7, 30) lernte er das Leben in der Wüste kennen. Er lernte, wie man das Vieh versorgt und Weideplätze findet. Dazu gehörte natürlich auch, Wasser in der lebensfeindlichen Umgebung der Wüste zu finden.
Nach seiner 80-jährigen Ausbildung war er Gottes logische Wahl als Führer für das Volk, auch wenn er das selbst nicht so sah.
Als er das Volk Israel aus Ägypten führte, hatte er die besten Voraussetzungen, die für seine Aufgabe notwendig waren: Er war Kenner des höfischen Protokolls, um mit dem Pharao im richtigen Umgangsformen, den passenden Worten und sogar in diplomatischer Sprache zu reden. Deshalb hat er ja auch mit dem Pharao geredet, obwohl Gott ihm Aaron als Sprecher an seine Seite gestellt hatte.
Als das unerfahrene Volk durch die Wüste zog, konnte er es anleiten und zeigen, wie und wo man Wasser und Futter für das Vieh finden würde. Vielleicht war die Unerfahrenheit des Volkes der Grund für die ständigen Angriffe und Vorwürfe gegen ihn.

Das älteste Alphabet

Das älteste Alphabet der Welt wurde in Ägypten gefunden. Laut Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Alphabets) sei es von semitischen Arbeitern benutzt worden. Da stellt sich die Frage, wer das denn wohl gewesen sein könnte? Wikipedia weigert sich, den einfachen Schluss zu ziehen: Als die Ägypter noch Hieroglyphen hatten und die Babylonier, Assyrer und Perser noch Keilschrift benutzten, schrieben die Israeliten bereits ihre Texte mit einem Alphabet.
Mit Sicherheit beherrschten schon die Urväter die Schriftsprache. Mose hat sein erstes Buch wahrscheinlich gar nicht selbst geschrieben, sondern die von den Patriarchen geschriebenen Schriften zusammengetragen und lediglich überarbeitet. Nebenbei sei noch bemerkt, dass die biblischen Schriften nur mit einem Alphabet geschrieben werden konnten. Hieroglyphen oder Keilschrift eigneten sich nicht dafür, weil sie die Feinheiten der Sprache nicht wiedergeben konnten und weil sie zu viel Platz in Anspruch genommen hätten.
Es wird allgemein behauptet, dass die fünf Bücher Mose und auch einige andere ältere Schriften (z.B. das Buch Hiob) erst in der babylonischen Gefangenschaft geschrieben worden seien, weil die Israeliten dort erst schreiben gelernt hatten. Ich habe bisher noch keine Antwort auf die Frage gefunden, wie denn die Israeliten das Alphabet hätten lernen sollen, wenn die Babylonier noch mit Keilschrift geschrieben haben.

Wenn jemand eine Frau nimmt und sie heiratet, und sie findet nicht Gnade vor seinen Augen, weil er etwas Schändliches an ihr gefunden hat, und er ihr einen Scheidebrief schreibt und ihn ihr in die Hand gibt und sie aus seinem Haus entlässt, …

5. Mose 24, 1

Nach den Gesetzesbestimmungen hätte sich ein Mann überhaupt nicht von seiner Frau scheiden können, wenn er nicht hätte schreiben können.

So schreibt euch nun dieses Lied auf, und du sollst es die Kinder Israels lehren; lege es in ihren Mund, damit mir dieses Lied ein Zeuge sei gegen die Kinder Israels.

5. Mose 31, 19

Das ganze Volk konnte schreiben und deshalb auch die Bücher Moses lesen. Und das bereits vor der babylonischen Gefangenschaft, in der angeblich die Bücher Moses erst geschrieben wurden.

Aus der Bibel können wir immer wieder erkennen, dass das ganze Volk lesen und schreiben konnte. Wenn ein Volk lesen und schreiben können soll, muss die Schrift einfach und leicht zu lernen sein. Das geht nur mit einem Alphabet.

Regierung Salomos

Salomo regierte über große Teile des Gebiets, das später das Babylonische Reich war. Zu seiner Zeit war Israel eine Weltmacht. Wieso sollte es nicht anders herum gewesen sein als von Historikern ständig behauptet und Babylon hat die Kultur aus Israel übernommen? So wäre zu erklären, weshalb die Kalender in Babylon und Israel gleich sind und auch die Monatsnamen ähnlich klingen. Selbst die Sprachen waren verwandt.

Exkurs: Das Buch Hiob

Beim Buch Hiob gibt es Vermutungen, dass es als älteste Schrift des biblischen Kanons noch vor der Sintflut geschrieben wurde. Dann konnte Hiob logischerweise bereits schreiben. Das Buch Hiob hat einige Merkmale, die es von anderen Büchern unterscheidet:

  • Es hat vielen Übersetzern Probleme gemacht, wegen der alten Sprache die richtige Übersetzung zu finden. In der Septuaginta – die griechische Übersetzung des Alten Testaments, etwa 2. Jahrhundert v. Chr. – sind einige Passagen überhaupt nicht übersetzt worden.
  • In Hiob 40-41 werden der Behemot und der Leviatan beschrieben, beide sind urzeitliche Tiere. Wenn man sich unter dem Behemot einen Brachiosaurus vorstellt, passt die Beschreibung. Mit dem Leviatan könnte ein Drache beschrieben worden sein. Auch wenn es heute diese Tiere nicht mehr gibt und ihre mögliche Existenz abgestritten wird: Wie vorsintflutliche Geschichten in allen Kulturen der Menschheit bekannt sind, ist es auch der Drache. Er kommt in allen Kulturen vor und sieht überall ähnlich aus. Vielleicht hat es ihn gegeben, obwohl die Wissenschaft vehement abstreitet, dass Drachen überhaupt möglich sind. Für mich persönlich jedenfalls sind die Beschreibungen der Bibel glaubwürdiger als die der Wissenschaft. Außerdem streitet die Wissenschaft ja auch nicht die Existenz des Bombardierkäfers ab, der ähnlich wie der Drache zwei Substanzen zur Explosion bringen kann.
  • Die beiden ersten Punkte sprechen für eine Abfassung des Buches lange vor allen anderen Büchern, müsste also noch in der Bronzezeit gewesen sein. Hiob kennt aber Eisen (Hiob 28,2). Alte Funde, die man nicht zuordnen kann (oder sich weigert, die richtigen Schlüsse zu ziehen), zeigen eine Hochkultur, die lange vor den Pharaonen existiert haben muss und deutlich weiter entwickelt gewesen sein muss als diese. Vielleicht hat Josephus Flavius Recht und die Pyramiden wurden tatsächlich vor der Sintflut gebaut? Gefundene Eisenablagerungen in den Bauten sprechen dafür. weil die Ägypter erst lange nach dem Pyramidenbau Eisen bearbeiten konnten.

Fazit

Wir haben gesehen, dass Jesus im Jahr 2 v. Chr. geboren wurde, im Jahr 29 oder 30 n. Chr. seinen Dienst begann und am 3. April 33 gekreuzigt wurde. Alle Zeiten stimmen überein, nur die historische Forschung muss noch ein paar Hausaufgaben machen, und den Todestag Herodes‘ korrigieren. Sobald die Historiker hier nachgebessert haben, sind Bibel und Wissenschaft wieder im Einklang. Das ist ein für mich wichtiges Thema: wissenschaftliche Forschung soll die Bibel bestätigen, nicht ihr widersprechen, weil die Bibel als Gottes Wort die höhere Autorität hat. Ich stehe auf dem Standpunkt: Wenn sich Wissenschaft und Bibel widersprechen stimmt entweder die Wissenschaft nicht oder die biblische Auslegung. Weil wir in diesem Fall aber klare Datumsangaben haben, bedarf es keiner Auslegung. Deshalb kann nur die Wissenschaft falsch sein.

Tagesberechnung

Sir Robert Anderson:

14.03.445 v. Chr. bis zur Kreuzigung am 6.04.32 n. Chr.

vor Christus
14.03.445 bis 31.12.445:292 Tage
444 Jahre x 365 Tage:162.060 Tage
111 Schaltjahre 444 bis 1:111 Tage
nach Christus
31 Jahre x 365 Tage:11.315 Tage
7 Schaltjahre 1 bis 31:7 Tage
01.01.32 bis 06.04.32:97 Tage
Gesamt:173.882 Tage

Sir Isaac Newton:

1.04.444 v. Chr. bis zur Kreuzigung am 29.03.33 n. Chr.

vor Christus
01.04.444 bis 31.12.444:274 Tage
443 Jahre x 365 Tage:161.695 Tage
110 Schaltjahre 443 bis 1 v. Chr.:110 Tage
nach Christus
32 Jahre x 365 Tage:11.680 Tage
8 Schaltjahre 1 bis 32:8 Tage
01.01.33 bis 29.03.33:88 Tage
Gesamt:173.855 Tage

Der Julianische Kalender, nach dem hier gerechnet wird, hat alle vier Jahre ein Schaltjahr. Ausgleichsjahre wie beim gregorianischen Kalender gibt es nicht.

Wie lange war Israel in Ägypten?

Wie lange war Israel in Ägypten?

Zu diesem Thema untersuche ich zwei Theorien. Um sie zu verstehen, müssen wir die verschiedenen Bibelstellen kennen, die etwas über den Aufenthalt der Israeliten in Ägypten sagen:

Und er (Gott) sprach zu Abram: Ganz gewiss sollst du wissen, dass deine Nachkommenschaft Fremdling sein wird in einem Land, das ihnen nicht gehört, und sie werden ihnen dienen, und man wird sie unterdrücken vierhundert Jahre lang. (…)
16: Und in der vierten Generation werden sie hierher zurückkehren (…)

1. Mose 15, 13

(Gott spricht zu Jakob, bevor dieser nach Ägypten zieht) „Und er sprach: Ich bin Gott, der Gott deines Vaters. Fürchte dich nicht, nach Ägypten hinabzuziehen, denn zu einer großen Nation will ich dich dort machen. Ich selbst ziehe mit dir nach Ägypten hinab, und ich, ich führe dich auch wieder herauf. (…)

1. Mose 46, 3+4

[40] Die Zeit des Aufenthaltes der Söhne Israel aber, die sie in Ägypten zugebracht hatten, betrug 430 Jahre.
[41] Und es geschah am Ende der 430 Jahre, ja, es geschah an ebendiesem Tag, dass alle Heerscharen des HERRN aus Ägypten auszogen.“

2. Mose 12, 40+41

Dies aber sage ich: Einen vorher von Gott bestätigten Bund macht das vierhunderdreißig Jahre später entstandene Gesetz nicht ungültig (…)

Galater 3, 17

Fakten, die wir in diesen Versen finden:

  • Abrams Nachkommen werden Fremdlinge sein (Gott spricht nicht von Ägypten)
  • Er wird sie nach 400 Jahren in das Land Kanaan zurückholen
  • Er holt Abrams Nachkommen in der vierten Generation
  • Die Wohnzeit „der Kinder Israels“ in Ägypten betrug 430 Jahre
  • 430 Jahre nach Gottes Bund mit Abraham erhält das Volk Israel sein Gesetz (am Berg Sinai)

Theorie 1: „Die 430-Jahr-Theorie“

Diese Theorie nimmt die Zeitaussage von 430 Jahren aus 2. Mose 12, 40-41 wörtlich: Gott bestätigt Jakob den Bund, den er vorher mit Abraham (als er noch Abram hieß) geschlossen hatte (1. Mose 46,2-4). Vielleicht am 15. Nisan, also das Datum des späteren Passahfestes, zog Jakob nach Ägypten. 430 Jahre später – ebenfalls am 15. Nisan – war Israel frei. Die Zeit der Unterdrückung dauerte 400 Jahre, begann also 30 Jahre nach dem Einzug der Familie Jakobs. Vielleicht erst langsam, dann immer härter und schließlich wurden sie zur Fronarbeit gezwungen und waren Sklaven.

Ein Argument, das für diese These spricht: Erst Jakob wurde von Gott „Israel“ genannt. Die „Kinder Israels“ müssen also Jakobs Nachkommen gewesen sein. Jeder Text, in dem die „430-Jahr-Theorie“ unterstützt wird, unterstreicht noch einmal, dass damit nicht die Patriarchen Abraham und Isaak gemeint sein können, denn sie waren keine „Kinder Israels“ – sie waren ihre Väter.

Mit dieser Theorie ist das Anwachsen des Volkes von 70 Männern auf über 600.000 beim Auszug ohne Weiteres erklärbar. Auch ohne große „Mühen“ kann diese Zahl in 430 Jahren erreicht werden.

Problem: die vier Generationen

Kein Ausleger, der die „430-Jahr-Theorie“ befürwortet, geht auf Gottes Aussage in 1. Mose 15, 16 („in der vierten Generation“) ein. Das ist übrigens ein häufig gemachter Fehler, dass Aussagen, die nicht zur Theorie passen, einfach „unter den Tisch“ fallen. Wenn wir aber bibeltreu arbeiten wollen, müssen wir alle Aussagen, die die Bibel zum Thema macht, berücksichtigen. In 2. Mose 6 wird der Stammbaum Levis beschrieben: Levis Sohn war Kehat, dessen Sohn war Amram, der Moses Vater war.

Können denn vier Generationen 430 Jahre überspannen? Die Lebensalter der genannten Personen betragen:

Levi137 Jahre(2. Mose 6,16)
Kehat133 Jahre(2. Mose 6,18)
Amram137 Jahre(2. Mose 6,20)
Mose120 Jahre
gesamt527 Jahre

Von dieser Zahl müssen wir die Lebensdauer Levis vor dem Einzug und Moses nach dem Auszug abziehen:

Lebenszeit Levis vor dem Einzug
(siehe „Exkurs: Das Alter Levis beim Einzug“)
43 Jahre
Lebenszeit Moses nach dem Auszug40 Jahre
verbleiben444 Jahre

Wenn wir das Lebensalter aller vier Generationen zusammenrechnen, die sie in Ägypten gelebt haben, können sie die genannten 430 Jahre tatsächlich überbrückt haben. Es bleiben aber nur 14 Jahre übrig. Das bedeutet, dass der Sohn jeweils kurz vor dem Tod seines Vaters geboren wäre (durchschnittlich 4,3 Jahre vor dem Tod). Das ist recht unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich, weil bei Gott „alle Dinge möglich sind“ (Matthäus 19,26).

Aber wir dürfen nicht übersehen, dass Jochebet nicht nur Amrams Frau war, sondern auch seine Tante, also die Schwester seines Vaters (2. Mose 6, 20) und damit eine Tochter Levis. Da sie jung genug war, um drei Kinder zur Welt zu bringen (von einem Wunder wie bei Sarah spricht die Bibel nicht), fällt die Lebensspanne Kehats schon fast weg. Damit ist diese Theorie gescheitert, weil drei Generationen (Levi, Amram, Mose) nicht 430 Jahre überbrücken können.

Exkurs: Das Alter Levis beim Einzug

Die Bibel nennt kein Alter des Stammvaters, aber aus Hinweisen können wir es recht genau bestimmen. Dazu müssen wir ein wenig „um die Ecke“ rechnen:

Folgende Bibelverse geben uns die erforderlichen Hinweise:

Und es geschah, als Rahel den Josef geboren hatte, da sagte Jakob zu Laban: Entlass mich, dass ich an meinen Ort und in mein Land ziehe.

1. Mose 30, 25

Josef wird geboren nach 14 Jahren Dienst von Jakob für Laban und vor weiteren sechs Jahren, bevor er vor Laban flieht.

Und Josef war dreißig Jahre alt, als er vor dem Pharao stand.

1. Mose 41, 46

Denn schon zwei Jahre ist die Hungersnot im Land, und es dauert noch fünf Jahre.

1. Mose 45, 6

Und Jakob sprach zum Pharao: Die Tage der Jahre meiner Fremdlingschaft sind 130 Jahre (…)

1. Mose 47, 9

[31] Als aber der HERR sah, dass Lea verschmäht war, da öffnete er ihren Mutterschoß; Rahel aber war unfruchtbar.
[32] Und Lea wurde schwanger und gebar einen Sohn, dem gab sie den Namen Ruben. Denn sie sprach: Weil der HERR mein Elend angesehen hat, so wird mich nun mein Mann lieb gewinnen!
[33] Und sie wurde wieder schwanger und gebar einen Sohn und sprach: Weil der HERR gehört hat, dass ich verschmäht bin, so hat er mir auch diesen gegeben! Und sie gab ihm den Namen Simeon.
[34] Und sie wurde wieder schwanger und gebar einen Sohn und sprach: Nun wird mein Mann mir anhänglich sein, denn ich habe ihm drei Söhne geboren! Darum gab man ihm den Namen Levi.
[35] Und sie wurde noch einmal schwanger und gebar einen Sohn und sprach: Nun will ich den HERRN preisen! Darum gab sie ihm den Namen Juda; und sie hörte auf mit Gebären.

1. Mose 29, 31-35

Folgende Rechnung können wir aus diesen Versen aufstellen:

  • Josef wird mit 30 Jahren Unterkönig von Ägypten. Nach 7 Jahren Überfluss und 2 Hungerjahren ist er 39.
    (Natürlich ist es möglich, dass Gott seine Prophezeiung der sieben Überfluss- und Hungerjahre nicht sofort ausführt, aber nicht wahrscheinlich. Denn erstens bestätigt Josef in seiner Traumdeutung die sofortige Erfüllung (1. Mose 41, 32). Zweitens hätte der Pharao Josef wieder abgesetzt, wenn die Erfüllung seiner Prophetie zu lange gedauert hätte. Immerhin war Josef ein Ausländer und ein ehemaliger Sklave und Verbrecher, da war der Pharao sicherlich ungeduldig.)
  • Im selben Jahr ist Jakob 130 Jahre alt
    Jakob war also 91 Jahre alt, als Josef geboren wurde (130 – 39 = 91).
  • Josef wurde nach Jakobs 14-jährigem Dienst für Laban geboren. In der Mitte der 14 Jahre heiratete Jakob seine beiden Frauen, da war er 84 Jahre alt (91 – 7 = 84).
    Eine kleine Anmerkung am Rande: Daraus kann geschlossen werden, dass Jakob 77 Jahre alt war, als er vor Esau floh, 14 Jahre vor Josefs Geburt (91 – 14 = 77).
  • Die ersten vier Söhne Jakobs wurden von Lea geboren (1. Mose 29, 31-35). Wir können davon ausgehen, dass Lea in der ersten Zeit jährlich einen Sohn zur Welt brachte: Ruben (Jakob ist 85), Simeon (86), Levi (87) und Juda (88). Jakob war also 87 Jahre alt, als Levi geboren wurde.
  • Als Jakob nach Ägypten zog, war er 130, Levi 43 Jahre alt (130 – 87 = 43).

Theorie 2: Die „Zwei-Zeiten-Theorie“

Die „430-Jahr-Theorie“ habe ich als gescheitert erklärt. Nun müssen wir prüfen, ob die „Zwei-Zeiten-Theorie“ unseren „Fakten-Check“ bestehen kann.

Diese Theorie übersieht nicht, dass bereits nach vier Generationen das Volk Israel nach Kanaan zurückkehrt – faktisch ist es die Zeit von nur drei Generationen, weil Jochebed eine Schwester Kehats und damit Amrams Tante war. Die Theorie nimmt an, dass die 430 Jahre beginnen, als Abraham das Land Kanaan betritt und von Gott seine Verheißung erhält. Dann ergeben sich zwei Zeiten über jeweils 215 Jahre:

Abraham betritt im Alter von 75 Jahren Kanaan
(1. Mose 12, 4) und erhält von Gott seine Verheißung

Geburt Isaaks, Abraham ist 100 Jahre alt, 25 Jahre später
(1. Mose 21,5)
25 Jahre
Geburt Jakobs, Isaak ist 60 Jahre alt
(1. Mose 25,26)
60 Jahre
Jakob zieht nach Ägypten im Alter von 130
(1. Mose 47,9)
130 Jahre
Gesamt215 Jahre

Die weiteren 215 Jahre leben die Israeliten in Ägypten und ziehen am Ende der 430 Jahre aus, um ihr Gesetz am Berg Sinai zu erhalten.

Problem 1: Die Nachkommen Abrahams

Gott bestätigt seinen vorher in 1. Mose 12 und 17 mit Abram geschlossenen Bund durch die Beschneidung und der Namensänderung in Abraham. Gleichzeitig verspricht er Abraham, ihm das Land zu geben:

ich werde dir und deinen Nachkommen das Land geben.

1. Mose 17, 8

Die letzte Bestätigung dieses Bundes lesen wir in 1 Mose 46. Hier spricht Gott zu Jakob, kurz bevor dieser nach Ägypten zu seinem Sohn Josef zieht:

Ich selbst ziehe mit dir nach Ägypten hinab, und ich, ich führe dich auch wieder herauf.

1. Mose 46, 4

Ein bemerkenswerter Satz. Gott verspricht, Jakob wieder nach Kanaan zu führen. Wir wissen, dass Jakob in Ägypten gestorben ist. Wir würden sein Begräbnis durch seine Söhne in Kanaan nicht als Bestätigung von „Ich führe dich wieder herauf“ ansehen.

Auch das Versprechen an Abraham wurde nach unserem Verständndis nicht erfüllt, weil Abraham und sein Sohn Isaak in Kanaan ohne Landbesitz starben, von der Grabstätte Machpela abgesehen. Offensichtlich macht Gott aber keinen Unterschied zwischen dem Volk Israel und seinen Erzvätern. Wir finden dazu in 2. Mose eine Aussage Gottes, die dies bestätigt. Gott spricht hier mit Mose:

Dann werde ich euch in das Land bringen, um dessentwillen ich meine Hand zum Schwur erhoben habe, dass ich es Abraham, Isaak und Jakob geben will (…)

2. Mose 6, 8

Gott sagt also, dass er das Land „Abraham Isaak und Jakob geben“ wird. Alle drei Erzväter haben das Land nie besessen, aber Gott bestätigt, dass er mit der Landnahme durch das Volk Israel sein Versprechen an die Erzväter erfüllt. Er macht also keinen Unterschied zwischen Abraham und seinen Nachkommen. Wenn Gott also von Abrahams Nachkommen spricht, schließt dies immer ihn selbst mit ein.

Problem 2: Die Wohnzeit in Ägypten

[40] Die Zeit aber, welche die Kinder Israels in Ägypten gewohnt hatten, betrug 430 Jahre.
[41} Und es geschah, als die 430 Jahre verflossen waren, ja, es geschah an eben diesem Tag, da zog das ganze Heer des HERRN aus dem Land Ägypten.

2. Mose 12, 40-41

Mose spricht von der „Wohnzeit der Kinder Israel in Ägypten“. Hier wird es schwierig: Ja, die “Kinder Israels” sind die Jakobs Nachkommen aber – und das haben wir soeben in vorigen Punkt gesehen – macht Gott keinen Unterschied zwischen den Erzvätern und ihren Nachkommen – und deshalb wahrscheinlich auch keinen Unterschied zwischen Kanaan, wo die drei Erzväter lebten, und Israel, wo ihre Nachkommen lebten. Für Gott gehört das alles zusammen, deshalb gehört es auch in seinem Wort zusammen. Aus diesem Grund kann man begründet davon ausgehen, dass mit dieser Aussage die Wohnzeit im fremden Land, also auch Kanaan, gemeint ist. Allerdings muss ich zugeben, dass diese Erklärung eine Vermutung bleibt.

Es gibt noch zwei andere Erklärungsveruche:

  • Die Septuaginta fügt hier hinzu “Und ihrer Väter”. Dieser Zusatz findet sich aber nur dort. In den Originalen ist nichts dergleichen zu finden.
  • Es gibt einen Artikel, der von einem “Übersetzungsfehler” ausgeht. Die richtige Übersetzung müsste lauten: “Die Zeit in der Fremde [der Wanderung] der Israeliten — die in Ägypten wohnten — ist 430 Jahre.” (Quelle: https://www.bibelcenter.de/bibel/widerspruch/d-wds14.php) Das ist zwar ein guter Erklärungsversuch – aber leider nur ein Versuch. Keine der von mir geprüften Übersetzungen hat auch nur eine Fußnote darauf, dass auch dies eine mögliche Übersetzung sei.

Deshalb muss ich dabei bleiben: Die Aussage von 2. Mose 12,40 kann nur so erklärt werden, dass Gott das gesamte Volk Israel und seine Erzvälter als eine Einheit ansieht.

Problem 3: Die Vermehrung des Volkes

Kritiker der „Zwei-Zeiten-Theorie“ wenden ein, dass sich eine 70köpfige Familie in 215 Jahren nicht vermehren kann, wie es in 4. Mose 1, 45-46 beschrieben wird. Allein die Männer sind nach dem Auszug ein Heer von 603.550 Mann. Mit Frauen und Kindern muss das Volk aus mindestens 2 bis 3 Mio. Menschen bestanden haben. Wie kann sich eine Familie mit 70 Männern in so kurzer Zeit so stark vermehren?

Ein einfaches Rechenbeispiel kann dies erklären: Allein eine Verdoppelung alle 15 Jahre könnte aus 70 Personen nach 210 Jahren eine Bevölkerung von 1,1 Mio Menschen entstehen lassen. Die tatsächliche Zahl der Männer betrug „nur“ gut die Hälfte. Wie wir aus 2. Mose 1, 7 erfahren, vermehrte sich das Volk Israel „sehr, sehr stark und das Land wurde voll von ihnen“. Das Volk Israel hätte deshalb in der Tat binnen 215 Jahren zu einer Gemeinschaft von über 600.000 Männern heranwachsen können. Hier passt ein Satz, den Roger Liebi (selbst Vater von sechs Kindern) in diesem Zusammenhang prägte: „Volksvermehrung ist kein Problem, wenn jeder mitmacht“.

Welche Theorie ist richtig?

Wie ich aus meinen Argumenten dargelegt habe, sehe ich die „Zwei-Zeiten-Theorie“ als richtig an, die ich auch in meiner Chronologie entsprechend verarbeitet habe. Damit befinde ich mich übrigens in guter Gesellschaft. Viele Bibelausleger sehen es ebenfalls als erwiesen an, dass sich die genannten 430 Jahre in 2 mal 215 Jahre aufteilen.

Wann fand der Auszug aus Ägypten statt

Wann fand der Auszug aus Ägypten statt

Wann fand der Auszug aus Ägypten statt? Hierzu gibt es viele verschiedene Theorien und Erkenntnisse, die oftmals zu ziemlich “abenteuerlichen” Ergebnissen führten. Durch die Erstellung meiner Chronologie (s. Artikel “Die biblische Chronologie“) habe ich eine Jahreszahl ermittelt, die sich zwar von den Zahlen unterscheidet, wie sie allgemein vertreten werden, sich aber mit der historischen Forschung deckt und ausschließlich durch die Nutzung von biblischen Jahreszahlen entstanden ist.

Um die Frage nach dem Datum des Auszugs zu beantworten, lesen wir: 480 Jahre nach dem Auszug baut Salomo den Tempel:

Und es geschah im vierhundertachtzigsten Jahr nach dem Auszug der Kinder Israels aus dem Land Ägypten, im vierten Jahr der Regierung Salomos über Israel, im Monat Siv, das ist der zweite Monat, da baute er dem HERRN das Haus.

1. Könige 6, 1

Dieser Vers wird als Kernaussage genutzt, um das Jahr des Auszugs festzulegen. Die meisten Chronologien nehmen dazu aus wahrscheinlich außerbiblischen Quellen die Regierungszeit Salomos und rechnen 480 Jahre hinzu. Das Ergebnis wird dann als das Jahr des Auszugs bezeichnet. Dabei sind sich die Chronisten nicht einmal einig, wann Salomo überhaupt regiert hat. Die Zeiten schwanken von 990 bis 966 v. Chr., andere noch später. Einen früheren Beginn der Regierungszeit Salomos habe ich nicht finden können. Einige Chronisten nehmen auch als Basis ältere historische Quellen, in denen der Auszug in die Regierungszeit Ramses II oder seines Sohnes Merenptah angegeben wird. Demnach müsste Salomo in der Zeit um 800 v. Chr. regiert haben. Darauf werde ich noch eingehen. Nach meiner biblischen Chronologie ist die Regierungszeit Salomos von 1012 bis 972 v. Chr. zu datieren.

Sehen wir uns die Fakten an, die die Bibel nennt.

In den 480 Jahren zwischen Auszug und Tempelbau haben Ereignisse stattgefunden, deren Länge uns bekannt ist:

Die Wüstenwanderung40 Jahre
Die Landnahme (s. Exkurs “Die Landnahme“)7 Jahre
Die Richterzeit (Apostelgeschichte 13, 20)450 Jahre
Die Regierung Sauls (Apostelgeschichte 13, 21)40 Jahre
Die Regierung Davids (2. Samuel 5,4)40 Jahre
Die ersten Jahre der Regierung Salomos4 Jahre
Das ergibt zusammen581 Jahre
Differenz101 Jahre

Nun könnte man einwenden, dass die Regierungszeit Sauls im Alten Testament nirgends genannt wird. Die Aussage des Apostel Paulus in der Apostelgeschichte bedeute lediglich, dass Saul mit 40 Jahren König wurde. Aber selbst wenn Saul nur zwei Jahre regiert hätte (was einige Ausleger unter Berufung auf 1. Samuel 13,1 mit Hilfe entsprechender Übersetzung behaupten), hätten wir noch immer 63 Jahre zuviel (101 – 38 = 63). Eine Regierungszeit Sauls von zwei Jahren wäre für die Ereignisse, die im ersten Buch des Propheten Samuel geschildert werden, außerdem zu kurz, so dass 40 Jahre eher anzunehmen sind.

Die Richterzeit

Eine Addition aller Zahlen, die in der Richterzeit genannt werden, ergibt 430 Jahre. Es fehlen also an denn in der Apostelgeschichte genannten 450 Jahre noch 20 Jahre. Das sind die in 1. Samuel 7,2 genannten 20 Jahre, in denen die Bundeslade zuerst bei den Philistern, dann in Kirjat-Jearim war. In dieser Zeit war Samuel Richter.

Viele Ausleger verkürzen die Richterzeit, indem sie behaupten, die Richter wären teilweise gleichzeitig aktiv gewesen. Das ist für mich irritierend, weil die Apostelgeschichte einen festen Zeitrahmen vorgibt, den man damit ignoriert. Wenn uns die Bibel zwei Zahlen nennt, die so hervorragend zusammenpassen, wäre es falsch, sich über diese Aussage hinwegzusetzen.

Eine Verkürzung der Richterzeit, widerspricht außerdem dem Bericht aus dem Buch der Richter, in dem in chronologischer Reihenfolge berichtet wird. Auch könnte die Behauptung der parallelen Aktivität von Richtern bedeuten, dass in einem Teil Israels ein Gewaltherrscher regiert, während gleichzeitig in einem anderen Teil ein Richter das Land befreit. Das Buch der Richter ist gekennzeichnet von dem wiederkehrenden Wechsel von

  • Abfall von Gottes Geboten
  • Gottes Gericht durch einen Gewaltherrscher und
  • Befreiung durch einen Richter, der das Volk zu Gott zurückführt.

Diesem wiederkehrenden Wechsel würde die Behauptung von gleichzeitig aktiven Richtern und Gewaltherrschern widersprechen.

Saul und David waren Könige des ganzen Landes Israel, was auch von Auslegern nicht bestritten wird. Das ist unlogisch: Wieso wurden die Richter nicht im ganzen Land akzeptiert, die Könige aber schon? Es wird auch nicht bestritten, dass David das Gebiet bis zum Euphrat und damit Teile des späteren Assyrer-Reiches eroberte (2. Samiel 10, 15-19), das auch von seinem Sohn Salomo regiert wurde.

Wir können also annehmen, dass die Richterzeit tatsächlich 450 Jahre dauerte. Es muss für die Differenz eine andere Lösung geben als eine verkürzte Richterzeit.

Ein Widerspruch …

Damit haben wir in dem biblischen Zeitangaben einen (scheinbaren) Widerspruch: 480 Jahre ≠ 581 Jahre. Wir müssen also die widersprüchlichen Zahlen irgendwie in Einklang bekommen. Irgendeine Zahl müssen wir deshalb interpretieren.

… und ein Lösungsvorschlag von Roger Liebi

Für diese Differenz von 101 Jahren hat Roger Liebi eine interessante Erklärung, die ich in meiner Chronologie verarbeitet habe. Sie versucht, alle Zahlen miteinander in Einklang zu bringen, ohne eine zu ignorieren. Roger Liebi unterstellt, dass für die Errechnung der 480 Jahre die Zeit der Gewaltherrschaften in der Richterzeit nicht berücksichtigt wurden, weil sie nicht gottgewollt waren. Sie haben aber stattgefunden, deshalb müssen sie zusätzlich eingerechnet werden.

Diese Vorgehensweise ist nicht unbiblisch, denn Gott hat auch vor Daniels 70. Jahrwoche „die Uhren angehalten“:

[24] Über dein Volk und über deine heilige Stadt sind 70 Wochen bestimmt, um der Übertretung ein Ende zu machen und die Sünden abzutun, um die Missetat zu sühnen und eine ewige Gerechtigkeit herbeizuführen, um Gesicht und Weissagung zu versiegeln und ein Allerheiligstes zu salben.
[25] So wisse und verstehe: Vom Erlass des Befehls zur Wiederherstellung und zum Aufbau Jerusalems bis zu dem Gesalbten, dem Fürsten, vergehen 7 Wochen und 62 Wochen; Straßen und Gräben werden wieder gebaut, und zwar in bedrängter Zeit.

[26] Und nach den 62 Wochen wird der Gesalbte ausgerottet werden, und ihm wird nichts zuteilwerden; die Stadt aber samt dem Heiligtum wird das Volk des zukünftigen Fürsten zerstören, und sie geht unter in der überströmenden Flut; und bis ans Ende wird es Krieg geben, fest beschlossene Verwüstungen.

Daniel 9, 24-26

Für Israel sind 70 Wochen bestimmt, bis Jesus sein 1000-jähriges Reich aufbaut. Die Bibelausleger sind sich einig, dass mit der Kreuzigung (Vers 26) die 69. Woche beendet wurde und Gott nun so lange seine Zeitrechnung anhält, bis die Zeit der Gemeinde vollendet ist. Auf die letzte, die 70., Jahrwoche warten wir nun seit fast 2.000 Jahren. Wie Gott zwischen der 69. und 70. Jahrwoche „seine Uhren angehalten“ hat, kann er das durchaus auch in der Richterzeit getan haben.

Rechnen wir jeweils die Zeit der Richter und die Zeit der Gewaltherrscher zusammen, haben wir die folgenden Zahlen:

Summe der Richterzeit336 Jahre
Summe der Gewaltherrscher114 Jahre
Summe450 Jahre

Das korrekte Jahr des Auszugs

Damit haben wir folgende neue Rechnung der Ereignisse, die in den 480 Jahren stattgefunden haben:

Wüstenwanderung40 Jahre
Landnahme7 Jahre
Richterzeit (nur die Richter)336 Jahre
Regierung Sauls40 Jahre
Regierung Davids40 Jahre
Regierung Salomos4 Jahre
Ergebnis467 Jahre
Es verbleiben noch13 Jahre

Die fehlenden 13 Jahre sind die Zeit bis zum Beginn der Richterzeit. Zu Josuas Lebzeiten trat kein Richter auf, auch nach seinem Tod war das Volk noch einige Zeit gottesfürchtig. Wir wissen nicht, wie alt Josua beim Auszug war. Uns wird nur sein erreichtes Lebensalter von 110 Jahren (Josua 24, 29) mitgeteilt. Es also möglich, dass er in diesen 13 Jahren starb, wenn er beim Auszug zwischen 50 und 63 Jahre alt gewesen wäre.

Mit den jetzt korrekten Zeiten können wir das genaue Datum des Auszugs errechnen:

Tempelbau nach meiner Chronologie
(s. Tabelle „von Saul bis Salomo“)
1008 v.Chr.
die in 1. Könige 6,1 genannten 480 Jahre1488 v.Chr.
die Zeit der Gewaltherrscher von 114 Jahre1602 v.Chr.

Das ist das korrekte Jahr des Auszugs. Damit wurde Jericho im Jahr 1562 v. Chr. zerstört.

Dieses Datum entspricht im Übrigen dem archäologischen Befund, in dem die Zerstörung Jerichos auf ca. 1550 v.Chr. festgestellt wurde. Eine Abweichung von +/- 10 bis 20 Jahren wird von den Archäologen selbst angegeben, so dass meine Zeit innerhalb dieser Toleranz liegt.

Exkurs: Die Landnahme

Das Volk Israel hat nach der Einnahme von Jericho das Land nach und nach erobert. Das geschah natürlich nicht innerhalb eines Jahres. Wie lange die Landnahme tatsächlich gedauert hat, können wir aus den folgenden Versen ableiten:

[11] Und es geschah am zwanzigsten Tag, im zweiten Monat des zweiten Jahres, da erhob sich die Wolke über der Wohnung des Zeugnisses.
[12] Und die Kinder Israels brachen nach ihrer Aufbruchsordnung aus der Wüste Sinai auf, und die Wolke ließ sich in der Wüste Paran nieder.

4. Mose 10, 11-12

[1] Und der HERR redete zu Mose und sprach:
[2] Sende Männer aus, dass sie das Land Kanaan auskundschaften, das ich den Kindern Israels geben will. Von jedem Stamm ihrer Väter sollt ihr einen Mann schicken, lauter Fürsten aus ihrer Mitte!

4. Mose 13, 1-2

(Kaleb spricht mit Josua am Ende der Landnahme)
[7] Ich war 40 Jahre alt, als mich Mose, der Knecht des HERRN, von Kadesch-Barnea aussandte, das Land auszukundschaften, (..)
[10] Und es sind nunmehr 45 Jahre, seit der HERR dies zu Mose sagte, als Israel in der Wüste wanderte. Und nun siehe, ich bin heute 85 Jahre alt (…)“

Josua 14, 7+10

Zwei Jahre nach dem Auszug lagert das Volk in Kadesch-Barnea. Von dort werden die zwölf Kundschafter nach Kanaan ausgesandt. Einer der zwölf war der 40-jährige Kaleb, der beim Auszug 38 Jahre alt war. Nach 40 Jahren Wüstenwanderung war er 78 Jahre alt. Am Ende der Landnahme war er 85 Jahre alt, also 7 Jahre später.

Begründung für meine Zahlen

Die Richterzeit wird in den meisten Veröffentlichungen in die Zeit zwischen 1250 und 1000 v. Chr. festgelegt. Auch sonst scheint jeder Aufsatz vom anderen abzuschreiben, weshalb diese Zeitangabe ständig wiederholt und mittlerweile sogar von bibeltreuen Auslegern kritiklos akzeptiert wird. Einige Ausleger veröffentlichen die Zeit von 1450 bis 1200 v. Chr., was für meine Ausführungen aber keinen Unterschied macht, weil ich auch diese Zahl anzweifle.

Wikipedia behauptet sogar: „Gemäß Exodus 2 fand der Auszug der Israeliten aus Ägypten unter Merenptah, dem Nachfolger des Ramses II, statt.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Israels). Ein Beweis oder Quellennachweis für diese Aussage fehlt. Es kann sein, dass man sich im Wikipedia-Artikel nach dem Buch „Die Geschichte des alten Morgenlandes“ von Fritz Hommel aus dem Jahr 1895 richtet, der behauptete, der König des Kindermordes war Ramses II und sein Sohn Merenptha der König des Auszugs. Woher er seine Erkenntnisse hat, ist mir nicht bekannt. Das würde aber erklären, weshalb der Auszug in vielen Publikationen auf das 13. vorchristliche Jahrhundert verlegt wird: Ramses II starb 1213 v. Chr.

Die Bibel nennt nicht ein einziges Mal den Namen des Pharaos. Auch sonst fehlen Angaben, die irgendwelche Anhaltspunkte sein könnten, wann der Auszug stattgefunden hat. Die Archäologen – und wahrscheinlich auch Bibelausleger – orientieren sich nach ihrer zeitlichen Einordnung des Auszugs an 2. Mose 1,11:

Darum setzte man Sklaventreiber über sie, um sie durch Lasten zu bedrücken; und sie bauten dem Pharao die Vorratsstädte Pitom und Ramses.

2. Mose 1, 11

Der Stadtname “Ramses” deutet darauf hin, dass die Städte zur Zeit Ramses II gebaut wurden. Allerdings übersieht man dabei 1. Mose 47,11, in der erwähnt wird, dass Josef seinen Brüdern Land im Gebiet von Ramses gibt. Offensichtlich ist der Name “Ramses” ein Name, den es schon immer gab. Auf keinen Fall kann es sein, dass Ramses der Familie Jakobs Land übergab und über 200 Jahre später den Auszug verhindern wollte.

Der jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus hat in seinen „jüdischen Altertümern“ weder eine Zeit noch einen Namen des Pharaos genannt. Erst die deutsche Übersetzung der „jüdischen Altertümer“ von Dr. Heinrich Clementz (1899) nennt unter Berufung auf Fritz Hommel Ramses II als Pharao des Auszugs. Wahrscheinlich entsprach dies den Erkenntnissen des ausgehenden 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts. Heute müssen wir sie aber als überholt ansehen.

Tatsächlich ereignete sich der Auszug zur Zeit der Hyksos (1630 – 1539 v. Chr.). Ab 1615 v. Chr. regierte Beon (oder Scheschi), der 1602 v. Chr. starb, also genau in dem von mir errechneten Jahr des Auszugs (https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Pharaonen). Was für ein Zufall! Könnte er der Pharao gewesen sein, vor dem Mose stand und die Freigabe des Volkes Israel verlangte? Ist er im Schilfmeer ertrunken oder wurde er nach seiner (einsamen) Heimkehr von seinen Untertanen ermordet, weil er das Land in den Untergang führte? Während seiner Regierung starben ja nicht nur die Erstgeborenen Jungen und Männer, sondern auch das gesamte Heer der Ägypter. Das Land war also im wahrsten Sinne des Wortes „entmannt“ und verarmt. Weil uns keine weiteren Informationen vorliegen und auch nicht die Umstände seines Todes bekannt sind, kann man hier nur Vermutungen anstellen.

In der Bronzezeit wurde der Pharao nie mit Namen genannt. Das war auch nicht erforderlich, weil es ja nur einen gab. Entsprechend nennt auch Mose nicht die Namen der in seinen Büchern genannten Pharaonen. Erst in der Eisenzeit begann man, den Namen des Pharaos zu nennen (z.B. Pharao Necho in 2. Könige 23,29 oder Pharao Schischak in 2. Chronik 12,2). Die Eisenzeit begann je nach Region unterschiedlich. In Mesopotamien begann sie ca. 1160 bis 1026 v. Chr., also etwa zur Zeit Davids.

Das Problem, das durch die Behauptung entsteht, die Richterzeit habe später als Anfang des 16. vorchristlichen Jahrhunderts begonnen, ist enorm. Für einen späteren Auszug gibt es nämlich nirgendwo in der ägyptischen oder israelischen Archäologie einen Beweis. Namhafte Archäologen haben die Zerstörung Jerichos auf 1550 v. Chr. festgelegt. Weil Theologen und viele Historiker noch immer behaupten, er habe um 1450 v. Chr oder noch später stattgefunden, zweifeln Archäologen den Auszug aus Ägypten als historisches Ereignis an (z.B. Israel Finkelstein in seinem Buch „Keine Posaunen vor Jericho“). Zwischenzeitlich ist das Jahr 1550 v. Chr. (+-10 bis 20 Jahre) allgemein anerkannt. Weil nach meiner Chronologie die Zerstörung um 1562 v. Chr. stattgefunden hat, deckt sich diese Zahl mit den heutigen Erkenntnissen.

Der Schaden, der sich aus der Behauptung eines späteren – und deshalb nie stattgefundenen – Auszugs ergibt, ist immens: Der Auszug aus Ägypten ist der Beginn des Staates Israel und deshalb für das Selbstverständnis als Volk Gottes sehr wichtig. Im alttestamentlichen Israel war die Aussage „So wahr der Herr lebt, der die Söhne Israel aus Ägypten geführt hat“ ein wichtiges Glaubensbekenntnis (Jer. 16, 14 / 23, 7). Mit ihm wird die Existenz Gottes mit der Tatsache verbunden, dass der Auszug tatsächlich stattfand. Wird der Auszug in eine Zeit verlegt, in der er nachweislich nicht stattgefunden haben kann, wird er als inexistent dargestellt und man nimmt dem Volk Israel die Seele. Damit wird auch die Existenz Gottes angezweifelt. Zusätzlich – und das können weder Christen noch Juden hinnehmen – leidet die Glaubwürdigkeit der Bibel.

Wer wissen will, welchen Schaden der biblischen Glaubwürdigkeit zugeführt wird, braucht nur ein paar Rezensionen zum genannten Buch “Keine Posaunen vor Jericho” auf Amazon zu lesen.

  • “Es existieren keinerlei archäologische Belege in Jerusalem für Salomos berühmte Bauvorhaben. Bei Ausgrabungen im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts um den Tempelberg in Jerusalem wurde nicht einmal eine Spur von Salomos sagenhaftem Tempel oder Palastkomplex identifiziert.“
  • “Sollte jeder der an die Lügenbibel glaubt lesen”
  • “Überprüft man die Texte nun auf ihre historische Stichhaltigkeit und Beweiskraft, so gibt es bedeutend weniger zu entdecken. Für den “Auszug” findet sich z. B. beim besten Willen kein Beweis, und Salomos Jerusalem war wohl eher ein ziemlich unbedeutendes Hirtendorf in der tiefsten Provinz als eine blühende Metropole.”

Fazit

Es geht nicht darum, der Wissenschaft „nach dem Mund zu reden“ oder die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die der Bibel zu stellen. Es geht darum, dass wir wissenschaftliche Untersuchungen und Feststellungen nicht einfach ignorieren können. Natürlich hat die Bibel die endgültige Autorität, aber es gilt der Grundsatz: Wenn sich Bibel und Wissenschaft widersprechen, muss entweder die Wissenschaft unrecht haben – oder die biblische Interpretation ist falsch. Die zweite Möglichkeit wird von Theologen oft übersehen. Denn wenn die Wissenschaft nachweislich Recht hat (z.B. werden die wissenschaftliche Entdeckung der Kugelform der Erde oder das Jahr 586 v. Chr. als Zerstörung Jerusalems ja auch als Tatsachen anerkannt), muss das auch von der Bibelauslegung anerkannt werden. Mit meiner Chronologie sind Wissenschaft und Bibel im Einklang. Ich habe eine Zeittafel konstruiert, die biblisch fundiert ist (ich habe mit Ausnahme des Jahres 586 v. Chr. als Zerstörung Jerusalems keine außerbiblischen Jahreszahlen genutzt) und sich mit den archäologischen Befunden deckt.

Ich bin weder Archäologe noch Theologe, deshalb behaupte ich nicht, dass meine Zahlen die einzig richtigen sind. Bis ich aber aus der Bibel heraus gegensätzliche Beweise meiner Chronologie erhalte, behaupte ich, dass meine Zahlen die richtigen sind.